Aktuelles:
Seit Pfingsten 2016 habe ich dieses Stück auch als Youtube-Notenvideo ins Netz gestellt: https://youtu.be/tNRHaIfDgZo
Warum genau ich meine kleine Komposition für Flöte, Horn und Klavier (1994) "Karussell" genannt habe, weiß ich selbst nicht mehr genau; ich finde den Namen aber ganz passend: Nicht nur, weil ihre trivialen Ragtime- und Leierkasten-Elemente die Assoziation "Kirmes" oder "Tingeltangel" herstellen, sondern auch, weil speziell das Karussell als Symbol für ein zielloses Kreisen, für heiter sinnfreie Immergleichheit taugt. Das Absurde, das sich mit Kinderkarussells, Schiffschaukeln etc. assoziieren läßt, wird nur von der Tatsache übertroffen, daß sie im Amtsdeutsch "Fahrgeschäfte" heißen. Ich schwöre: Erst nachdem ich den letzten Satz getippt hatte, habe ich nach "Karussell" und "Symbol" gegoogelt und bin dabei auf das Rilkegedicht gestoßen: "[...] und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel". Meine Rede.
Stilistisch ist das "Karussell" ein naher Verwandter meines "Concertino" und meiner "Floskeln"; die Gemeinsamkeit ist der milde Spott, das parodistische Aufgreifen typischer Wendungen der Trivialmusik, die durch Dissonanzen, bitonale Cluster und rhythmische Stolperer sanft bis zur Kenntlichkeit verzerrt werden. Musik mit Gänsefüßchen. Die in der Kunstmusik zu Recht verpönte Unsitte der wörtlichen Wiederholung ausgedehnterer Abschnitte ist in "Karussell" Teil des Sujets, hat gleichsam Methode. Das Wiederholungszeichen am Ende von Takt 55 ist daher unbedingt zu befolgen. Eher, als die Wiederholung wegzulassen, könnte ich mir vorstellen (und autorisiere es darum ausdrücklich), die Takte 1-55 sogar dreimal zu spielen.